Senat 2020

Beiträge 121 - 129 von 129
  • RE: Georgia Double Feature / Alaska

    drui (MdPB), 12.11.2020 12:38, Antwort auf #120

    Ich sehe die GOP-Kandidaten in Georgia auch als favorisiert an, sie sind ja auch Amtsinhaber und haben besser als Trump abgeschnitten. Die Werte bei predictit sind aber wohl etwas übertrieben, va. bei Warnock-Loeffler. Einen Motivationsvorteil haben die Dems, schwarze Wähler werden vermehrt wählen und Stacy Abrams hat einen verdammt guten Job gemacht, mehr von ihnen zu registrieren bzw. die vom Governor auf Wahllisten gestrichenen Wähler wieder auf die Listen zu kriegen.

    Ich bin etwas ratlos, wie sich die Bundespolitik auf Georgia auswirken wird. Zieht Trump seinen Pseudoputsch bis zur Wahl durch oder akzeptiert er bis dahin seine Niederlage? Wichtiger noch: Steht die GOP weiter und so lange bzw. so geschlossen zu dieser Farce? Der Druck wird wachsen, wenn Gerichte und Wahlkommissionen "alternative Wahrheiten" zunehmend lächerlich machen und die Medien halbwegs bei der Wahrheit bleiben. Und zum Beispiel der Supreme Court zeigt, dass er zwar tief konservativ ist, sich aber nicht zum Instrument eines Diktators machen möchte.

    Möglichkeit a) Das Spiel geht wirklich so weiter bis zur Wahl, die GOP motiviert gleichermaßen Trumpies und Moderate und gewinnt beide oder zumindest einen Senatorensitz.

    Möglichkeit b) Trump zieht zurück ohne Biden zu gratulieren, macht Wahlkampf in Georgia und stellt sich in den Dienst der Partei. Die GOP gewinnt einen oder zwei Senatorensitze.

    Möglichkeit c) Es kommt zu einer gewissen Spaltung der GOP-Wählerschaft landesweit sowie in Georgia, weil sich immer mehr Republikaner (va. im Senat) von Trump absetzen und Bidens Sieg akzeptieren. Trump sowie Trump-Wähler schmollen und gehen nicht zur Wahl, die Dems gewinnen beide Senatorensitze.

    Möglichkeit d) Es kommt zum Streit in der demokratischen Partei bzw. Interesse und Wahlbeteiligung sind niedrig, GOP-Wähler ignorieren die innerparteilichen Konflikte und sorgen für zwei Sitze.

    Es gibt meines Wissens nach keinen vergleichbaren Fall, bei dem eine special election eine solche Bedeutung hatte, von daher sind Vergleiche mit Midterms schwierig, zumal 2018 ein blue wave year war.  Gewöhnlich gewinnt ein Präsident auch den Senat, die Wähler glauben naiv alle Versprechungen, sind dann 2 Jahre später enttäuscht und die Präsidentenpartei wird in den Midterms abgestraft. Jetzt hat Biden aber keine Mehrheit und Trump ist ein Präsident auf Abruf bis zur Wahl, der sich wie ein Despot verhält und die politische Spaltung auf die Spitze treibt. In seinem Schlepptau sind die beiden GOP-Senatoren, die sich nicht durch irgendeine Art von unabhängiger Meinung durchringen können. Die Pandemie ist auf dem Höhepunkt, GOP-Abgeordnete in Senat und House sind unsicher, inwelche Richtung die Partei geht, aber nicht mehr konkret durch anstehende Primaries gefährdet.

  • Georgia Update

    drui (MdPB), 24.12.2020 00:22, Antwort auf #121

    Die Umfragen zu den beiden Stichwahlen in Georgia sind querbeet, bei gleichzeitig unternommenen Befragungen liegen beim einen Institut mal die demokratischen Kandidaten bis zu 5% vorne und beim anderen die republikanischen mit 5%, da kann man auch einen schielenden Affen fragen. Es zeichnet sich zumindest ab, dass die Befragten rein parteipolitisch wählen und nicht mehr zwischen "guten oder schlechten" Kandidaten unterscheiden, also beide Rennen an eine Partei gehen dürften. Es könnte ankommen auf:

    a) Mobilisierung der eigenen Wähler: Die Wahlbeteiligung bei early voting und Briefwahl ist recht hoch, aber was heißt das schon.

    b) Wahlkampfstrategie: Die GOP hat deutlich mehr Großspenden mobilisiert und dominiert den Werbemarkt massiv. Die Dems investieren mehr in Wählerregistrierung und ground game (was sie im November vernachlässigt hatten, als sie mehr Geld als Trump in die Werbung gesteckt haben, mit mäßigem Erfolg)

    c) Parteidisziplin: Schwer zu sagen, wie sich Trumps Disziplinierungsversuche gegenüber allen Parteigenossen, die noch für die Realität empfänglich sind, auf Georgias Wähler auswirken werden. Die GOP-Senat-Kandidaten stehen 100% hinter Trump (zumindest bis zum 5.1.), der Senat nicht mehr. Trump hat ein Veto gegen den Verteidigungshaushalt eingelegt, den Senat und Haus mit 2-Drittelmehrheiten beschlossen haben und riskiert ein Veto des Kongresses. Gegen den Budgetkompromiss legt er wohl auch ein Veto ein bzw. verweigert die Unterschrift. Er will statt 600 Dollar 2000 Dollar an jeden Bürger verschenken, die Dems sagen "prima" und unterstützen ihn dabei, die GOP zu spalten. Seine Putschversuche zur Machterhaltung werden bis zum 6.1. endgültig scheitern und er scheint dies nicht sonderlich gelassen hinzunehmen. Damit besteht für die GOP eine Gefahr aus drei Richtungen bei der Georgiawahl: Massive Mobilisierung der demokratischen Wähler, Demobilisierung enttäuschter Trump-Fans und Frustration gemäßigter Republikaner, denen die GOP-Kandidaten zu trumpig sind und das erbärmliche Schauspiel satt haben. Aber bislang haben dann am Ende doch alle brav die Kandidaten ihrer Partei gewählt. Problem für die GOP-Kandidaten: Trump zwingt sie als amtierende Senatoren förmlich, Stellung zu beziehen. Und damit einen Teil der Parteianhänger zu verärgern.

    https://projects.fivethirtyeight.com/georgia-senate-polls/?cid=rrpromo

  • Georgia-Wahl morgen parallel zu Putschversuchen

    drui (MdPB), 04.01.2021 09:25, Antwort auf #122

    Ich frage mich langsam, ob bei der morgigen Wahl in Georgia wirklich die Senatsmehrheit auf dem Spiel steht. In Deutschland würde eine Partei mit solch krassen, öffentlich ausgetragenen Flügelkämpfen bei einer Wahl gnadenlos abgestraft werden, in den USA ist das wohl nicht so. Nur ein paar Punkte zur absurden aktuellen Lage der republikanischen Partei:

    - Hundert +X House-Abgeordnete sowie 12+X Senatoren wollen im Kongress die Wahlmänner der "umstrittenen" Staaten (also die, die Trump bräuchte um Präsident zu bleiben) ablehnen. Mit absurden Begreündungen, ua. die Wähler würden nicht an eine faire Wahl glauben (nachdem sie sowie der Präsident ihnen monatelang eingehämmert haben, die Wahl wäre gestohlen worden) und der Supreme Court hätte nicht final entschieden (weil der diesen Blödsinn erst gar nicht verhandeln konnte und wollte mangels Substanz der Vorwürfe). Lame-Duck-Präsident und -Vizepräsident begrüßen dieses Vorgehen.

    - Republikanische Senatoren schreien sich ob dieses parlamentarischen Putschversuches gegenseitig an, persönliche Attacken erfolgen. Die putschenden Senatoren sammeln Wahlkampfgelder ein, indem sie in Emails an Trumpies mit ihrem Vorgehen prahlen und "das korrupte republikanische Establishment" angreifen. Der Senatsmehrheitsführer macht keinen Pips.

    - Selbst einige Abgeordnete des Pro-Trump-Freedom Caucus im House geht das zu weit, sie erwähnen, dass die Verfassungsväter bewusst und explizit die Verantwortung über die Wahlmänner in die Hände der einzelnen Staaten gegeben haben, nicht in die des Kongresses.

    - Das Pentagon verweigert Treffen mit Bidens Leuten und damit eine Übertragung der Amtsgeschäfte auf den president-elect. Trump and friends diskutieren offen einen militärischen Putsch und die Ausrufung eines Ausnahmezustandes, damit Trump im Amt bleiben kann. Hochrangige Militärs fühlen sich bemüßigt zu erwähnen, dass sie ihren Eid auf die Verfassung geschworen haben und nicht auf einen Diktator.

    - Alle zehn vorige Verteidigungminister der USA (darunter die drei unter Trump sowie Dick Cheney und Donald Rumpsfeld) fordern das Militär auf, neutral zu bleiben, die Amtsgeschäfte zu übertragen und sich nicht an einem Putsch zu beteiligen.

    https://www.politico.com/news/2021/01/03/defense-secretaries-military-trump-elec tion-454334

    - Donald Trump beschwört den (republikanischen) secretary of state von Georgia, ihm die 11700 Stimmen zu liefern, die ihm zum Sieg fehlen, er solle einfach sagen, er habe sich verrechnet. Er droht ihm und seinem Anwalt. Ich bin gespannt, ob ihn das irgendwann in den Knast bringt, denn der Aufruf zur Wahlfälschung ist in Georgia strafbar, und gegen state law kann er sich nicht selbst begnadigen. Der secretary of state versucht übrigens aktuell alles, um demokratischen Wählern in Georgia das Wählern zu erschweren bzw. sie von den Wahllisten zu streichen, ein wahrer Freund der Demokratie ist er nicht unbedingt, aber immerhin nicht kriminell.

    https://www.politico.com/news/2021/01/03/trump-georgia-election-454122

    Was heißt das alles für Georgia? Werden republikanische Wähler so mobilisiert oder eher abgeschreckt? Sowohl Trump als auch die von ihm beschinpften McConnell, Georgias Governor sowie andere nicht-putschbereite Parteifunktionäre rufen schließlich dazu auf, brav die republikanischen Kandidaten zu wählen, die sich klar auf Trumps Seite stellen. Und mit kognitiver Dissonanz kennen sich die GOP-Wähler sehr gut aus.

    Ich kann mir gut vorstellen, dass die GOP beide Posten gewinnt, aber gewinnt sie damit auch die Senatsmehrheit? Die Parteispaltung wird nach der Wahl noch deutlicher werden und McConnell braucht sowohl die 12+X hirnlosen Trump-Zombies sowie die noch demokratieaffinen Senatoren Rommney, Sasse, Collins, Sullivan und Murkowski (um nur ein paar zu nennen). Es könnte also so kommen, dass McConnells Angst, vor der Georgiawahl Trumps Putschversuchen Einhalt zu gebieten, ihm die Macht kostet, obwohl die Wahl gewonnen wird.

    Edit:

    Die ganze Erbärmlichkeit Trumps kann hier angehört werden:

    https://www.youtube.com/watch?v=o3hrN0cP58Y

  • RE: Georgia-Wahl morgen parallel zu Putschversuchen

    drui (MdPB), 06.01.2021 03:26, Antwort auf #123

    Sieht aktuell nicht schlecht aus für die Dems.

    With nearly a third of the expected votes counted, the Cook Political Report’s Dave Wasserman says the likeliest outcome at this point is a Democratic sweep of both Georgia Senate seats.

    https://www.theguardian.com/us-news/live/2021/jan/05/georgia-senate-runoff-elect ion-trump-republicans-biden-latest-politics-live

    https://twitter.com/Redistrict?ref_src=twsrc%5Etfw%7Ctwcamp%5Etweetembed%7Ctwter m%5E1346624596804513797%7Ctwgr%5Eshare_0%7Ctwcon%5Es1_&ref_url=https%3A%2F%2 Fwww.theguardian.com%2Fus-news%2Flive%2F2021%2Fjan%2F05%2Fgeorgia-senate-runoff- election-trump-republicans-biden-latest-politics-live

    Ländliche republikanische Bezirke sind knapp unter 90% Wahlbeteiligung im Vergleich zu November, ein demokratischer (DeKalb) knapp über 90%, die GOP-Kandidaten schneiden dabei minimal schlechter ab als Trump. Es wird also knapp, aber die Verteilung der Wahlbeteiligung spricht aktuell für die Dems. Die Kandidatenpaare unterschieden sich praktisch kaum.

    Edit: Decision Desk HQ erklärt Warnock zum Gewinner der Special Election. Er wird der erste schwarze Senator aus Georgia überhaupt.

    https://twitter.com/DecisionDeskHQ/status/1346671627518566400?ref_src=twsrc%5Etf w%7Ctwcamp%5Etweetembed%7Ctwterm%5E1346671627518566400%7Ctwgr%5E%7Ctwcon%5Es1_&a mp;ref_url=https%3A%2F%2Ffivethirtyeight.com%2Flive-blog%2Fgeorgia-senate-electi on-results%2F

  • RE: Georgia-Wahl morgen parallel zu Putschversuchen

    sorros, 06.01.2021 10:41, Antwort auf #124
  • RE: Georgia-Wahl morgen parallel zu Putschversuchen

    drui (MdPB), 06.01.2021 12:22, Antwort auf #125

    Ossof sieht aber auch gut aus!'

    Ja, die "Nadel" prognostiziert einen Sieg mit 1,1% Abstand, aktuell bei 98% ausgezählten Stimmen hat er aber nur 0,4% Vorsprung, oder 18000 Stimmen.

    https://www.nytimes.com/interactive/2021/01/05/us/elections/forecast-georgia-sen ate-runoff.html

    Das ist schon eine fette Überraschung! Die Dems und va. Biden können sich kniened bei Donald Trump bedanken, denn ohne ihn hätten sie es sicher nicht geschafft. Es gab ein drittes, weniger beachtetes Rennen: Der "public service manager", zuständig u.a. für die Kernenergie und erneuerbare Energien in Georgia, bleibt republikanisch mit einem komfortablen Vorsprung von 86000 Stimmen:

    Staring down the barrel of losing the Senate, Republicans do have one consolation prize today: They will probably keep the seat on the Georgia Public Service Commission that was also on the ballot today. The Republican candidate currently has a 86,178-vote lead, and The New York Times estimates there are only about 92,000 ballots left to count.

    https://fivethirtyeight.com/live-blog/georgia-senate-election-results/

    Das heißt übersetzt: Georgia ist nicht blau oder lila geworden. Die Dems haben gewonnen, weil extrem viele schwarze Wähler mobilisiert wurden, die republikanischen Kandidaten außerordentlich schwach waren, sich sehr eng an Trump geklammert haben und dieser seine Partei gespalten und die wichtigsten Politiker Georgias der eigenen Partei demontiert hat. Hätten sich die GOP-Kandidaten neutraler gegeben, so wie der siegreiche Funktionär, hätte es wohl anders ausgesehen. Loeffler hat zudem eine zutiefst rassistische Kampagne gefahren, die in den Suburbs nicht gut ankam.

    Warnock war sicher ein hervorragender Kandidat, aber der 30-jährige Ossoff? Gegen einen erfahrenen, gut finanzierten Amtsinhaber? Gerade Perdue hat mich in den letzten Wochen des Wahlkampfes überrascht. Seine Angriffe und Rücktrittsforderungen auf den Wahlleiter Georgias aus der eigenen Partei (folgende Todesdrohungen inklusive) waren dämlich und ein dummes Anbiedern an Trump.

    McConnell dürfte seinen Posten nun verlieren, zumindest für zwei Jahre. Dann muss sich Warnock der regulären Wahl stellen und die Oppositionspartei bekommt Auftrieb.

  • Happy End

    Wanli, 06.01.2021 14:19, Antwort auf #126

    Hab die Novemberwahl ja auch ziemlich intensiv verfolgt, deshalb hier doch nochmal eine Einschätzung:

    Unter Trump an der Spitze hat sich ja eine Entwicklung verstärkt, die schon voher begonnen hatte: Die weiße Arbeiterschaft vor allem im ländlichen Raum orientierte sich immer stärker hin zu den Republikanern; Trump gelang es auch, die Wahlbeteiligung in dieser Bevölkerungsgruppe immens zu steigern - neben dem allgemeinen Bevölkerungswachstum der zweite Grund dafür, dass Trump im vergangenen November mehr Stimmen bekam als jeder Präsidentschaftskandidat der amerikanischen Geschichte davor; Biden erhielt natürlich noch mehr Zuspruch. Die Frage war, ob diese Wähler den Republikanern treu bleiben würden oder ob es zum Teil eben speziell Trumps Wähler waren.

    Trump und seine Partei verloren andererseits auch massiv an Zuspruch bei den BürgerInnen in den (nicht allzu wohlhabenden) Suburbs; auch hier war die Frage, ob diese sich nur vom Donald abwandten oder gleich ganz von der GOP.

    Ich hätte es vor der Wahl gestern allemal für möglich gehalten, dass angesichts von Trumps baldigem Abgang beide Entwicklungen zum Teil zurückgedreht werden würden: Der Enthusiasmus unter den Weißen der Arbeiterklasse schwinden, gleichzeitig aber vielleicht auch WählerInnen in den Vorstädten in nennenswerter Zahl wieder zurück zur GOP driften würden. Ist das geschehen?

    Bei den weißen WählerInnen im ländlichen Raum ging die Wahlbeteiligung in der Tat deutlich zurück, in den und rund um die größeren Städte dagegen weniger. Der GOP fehlt ohne Trump offenbar ein wichtiges Zugpferd, während die urbane Mittelschicht den Demokraten bislang gewogen bleibt.

    Live Georgia Election Updates And Results | FiveThirtyEight

    Man wird bei den Midterms in knapp zwei Jahren sehen, ob dieser Trend auch über Bidens Amtsantritt am 20. Januar hinaus Bestand hat; wenn er anhält und viele Trumpfans grummelnd zu Hause bleiben, während die urbane Mittelschicht blau wählt, dann hat die GOP ein Problem.

    Hätten sich die GOP-Kandidaten neutraler gegeben, so wie der siegreiche Funktionär, hätte es wohl anders ausgesehen.

    Schwer zu sagen; moralisch natürlich eine Bankrotterklärung der beiden GOP-KandidatInnen, aber angesichts der Verehrung, die der Donald an der GOP-Basis genießt, war das Vorgehen von Loeffler und Perdue wahltaktisch letztlich logisch. Hätte man das Einbrechen unter den Trumpfans in den konservativen Hochburgen (siehe oben) verhindert, was man durch die Nibelungentreue zum Donald ja versucht hat, dann hätte es zum Sieg gereicht.

    Georgia ist nicht blau oder lila geworden.

    Das sehe ich anders. Bei der Gouverneurswahl vor knapp zwei Jahren ist der republikanische Gouverneur nur um Haaresbreite im Amt bestätigt worden, obwohl er wirklich jede Möglichkeit genutzt hat, um schwarze Wähler von der Stimmabgabe abzuhalten. Jetzt hat Georgia für Biden gestimmt und der Staat wird in Washington (sehr wahrscheinlich) von zwei Demokraten repräsentiert.

    Ein Sieg der Demokraten bei der nächsten Gouverneurswahl erscheint da allemal gut möglich, und wenn das geschähe, dann würde die gezielte Benachteiligung schwarzer WählerInnen sehr schnell beendet: kein regelmäßiges Entfernen von hundertausenden von schwazen WählerInnen aus den Wählerverzeichnissen, keine Konzentration der Wahllokale in überwiegend weißen Gegenden. Die Demokraten hätten dann bei zukünftigen Wahlen sogar einen leichten Vorteil gegenüber der GOP.

    Man kann doch seit vielen Jahren beobachten, dass über Jahrzehnte verfestigte regionale Identitäten - konservativer Süden, tendenziell recht liberaler Mittlerer Westen - weitgehend überlagert werden vom Gegensatz zwischen Stadt und Land. Das lange konservative Arizona - also die Großstadt Phoenix umgeben von viel Wüste - hat für Biden gestimmt und zwei demokratische SenatorInnen; Georgia - wo die Boommetropole Atlanta jedes Jahr weiter wächst und der ländliche Raum stagniert - dürfte mittelfristig zum Illinois des Südens werden: In Illinois hat die GOP keine Chance, obwohl der Staat mitten im Mittleren Westen liegt, wo die Republikaner absolut konkurrenzfähig sind, weil die Metropole Chicago halt politisch den Ton angibt. Atlanta (und mehrere kleinere Städte) werden in Georgia in Zukunft den gleichen Effekt haben:

    Georgia Election Results 2021 | Live Senate Runoff Map | Perdue vs Ossoff (polit ico.com)

    ----

    Die Demokraten können sich jedenfalls freuen: Man wird wohl in beiden Kammern des Kongresses eine (wenn auch denkbar knappe) Mehrheit haben und sich den extrem wichtigen Posten des Mehrheitsführers sichern, der im Senat darüber entscheidet, über was überhaupt abgestimmt wird. Ein lockeres Durchregieren wird es natürlich nicht geben und Vizepräsidentin Kamala Harris wird an ihrer einstigen Wirkungsstätte als praktisch Senatorin Nr. 101 sicher öfter gefragt sein als ihre Vorgänger, aber die Chancen Bidens, im Amt tatsächlich etwas zu bewegen, sind besser, als es im November aussah.

    Euch allen noch ein frohes neues Jahr!

  • RE: Happy End

    drui (MdPB), 06.01.2021 17:53, Antwort auf #127

    Welcome Back, Wanli ;)

    Schwer zu sagen; moralisch natürlich eine Bankrotterklärung der beiden GOP-KandidatInnen, aber angesichts der Verehrung, die der Donald an der GOP-Basis genießt, war das Vorgehen von Loeffler und Perdue wahltaktisch letztlich logisch. Hätte man das Einbrechen unter den Trumpfans in den konservativen Hochburgen (siehe oben) verhindert, was man durch die Nibelungentreue zum Donald ja versucht hat, dann hätte es zum Sieg gereicht.

    Es ist sicher schwierig das zu Quantifizieren bzw. zu sagen, welchen Parteiflügel man vernachlässigen sollte, aber Trumps peinliche Tobsuchtsanfälle haben diese Spaltung erst vertieft und die Kandidaten haben da kräftig mitgemischt. Soweit ich die Wahlergebnisse interpretiere, haben die Kandidaten ein Mobilisierungsproplem in roten Gebieten gehabt, dort aber mindestens so gut wie Trump (oder sogar leicht besser) abgeschnitten, prozentual verloren haben sie va. in den suburbs, wo auch die Wahlbeteiligung höher war. Ein Einwand von Jake Tapper, CNN:

    Knives out! Another GOP strategist says that NRSC polling looked good until last week when Hawley announced his challenge, and the focus turned to overturning the election instead of being a check on the Dems

    https://twitter.com/jaketapper

    Auch die Tatsache, dass Trump nicht auf dem Wahlzettel stand, kann zur mangelnden Mobilisierung beigetragen haben, wobei die eigentlich nicht gering war, sondern eher die der Dems exorbitant hoch.

    Es ist natürlich gut für die Dems, dass der Zirkus im Kongress heute nur ein Tag nach der Wahl stattfindet und vorbereitet werden musste, so konnte Trump die Wahl nicht einfach abwarten und dann die Partei spalten. Aber wie bescheuert war der Anruf an den Wahlleiter, einen Tag vor der Wahl? Gerüchten zufolge hat Trump es ca. 40 mal versucht in den Wochen davor, aber der Wahlleiter hat immer abgeblockt. Senator Graham hatte auch schon versucht, ihn zum Wahlbetrug zu erpressen, daher war dann bei Trumps Anruf zur Sicherheit ein Anwalt anwesend und das Gespräch wurde mitgeschnitten, Rücktrittsappelle und Todesdrohungen an den Wahlleiter gab es ja schon vorher.

    Das sehe ich anders. Bei der Gouverneurswahl vor knapp zwei Jahren ist der republikanische Gouverneur nur um Haaresbreite im Amt bestätigt worden, obwohl er wirklich jede Möglichkeit genutzt hat, um schwarze Wähler von der Stimmabgabe abzuhalten. Jetzt hat Georgia für Biden gestimmt und der Staat wird in Washington (sehr wahrscheinlich) von zwei Demokraten repräsentiert.
    Ein Sieg der Demokraten bei der nächsten Gouverneurswahl erscheint da allemal gut möglich, und wenn das geschähe, dann würde die gezielte Benachteiligung schwarzer WählerInnen sehr schnell beendet: kein regelmäßiges Entfernen von hundertausenden von schwazen WählerInnen aus den Wählerverzeichnissen, keine Konzentration der Wahllokale in überwiegend weißen Gegenden. Die Demokraten hätten dann bei zukünftigen Wahlen sogar einen leichten Vorteil gegenüber der GOP.

    Da hast Du schon Recht, die allergrößte Gewinnerin bei dieser Wahl ist sicher Stacy Abrams, und die könnte durchaus Governor werden, wenn sie nicht wieder um den Wahlsieg betrogen wird. Ich denke schon, dass Georgia "purple" wird, aber es eben noch nicht ist. 2018 war ein blue wave year, Trumps Wähler sind kaum mobilisiert wurden, weil er nicht auf dem Wahlzettel stand und die Opposition Auftrieb hatte. Bei diesen Stichwahlen hätten die Dems eigentlich keine blasse Chance haben dürfen, da sie bei allen special elections und Wahlen außerhalb der Präsidentschaftswahl ein massives Mobilisierungsproblem haben. Das hat Trump nun scheinbar für sie gelöst, auch mithilfe der sich verändernden Suburbs, aber das wird nicht unbedingt lange anhalten. 2022 wird spannend, je nach Bilanz Bidens, positiv wäre es, wenn mit Warnock und Abrams wieder zwei Kandidaten auf dem Wahlzettel stehen, die die schwarzen Wähler maximal mobilisieren.

    Man kann doch seit vielen Jahren beobachten, dass über Jahrzehnte verfestigte regionale Identitäten - konservativer Süden, tendenziell recht liberaler Mittlerer Westen - weitgehend überlagert werden vom Gegensatz zwischen Stadt und Land. Das lange konservative Arizona - also die Großstadt Phoenix umgeben von viel Wüste - hat für Biden gestimmt und zwei demokratische SenatorInnen; Georgia - wo die Boommetropole Atlanta jedes Jahr weiter wächst und der ländliche Raum stagniert - dürfte mittelfristig zum Illinois des Südens werden: In Illinois hat die GOP keine Chance, obwohl der Staat mitten im Mittleren Westen liegt, wo die Republikaner absolut konkurrenzfähig sind, weil die Metropole Chicago halt politisch den Ton angibt. Atlanta (und mehrere kleinere Städte) werden in Georgia in Zukunft den gleichen Effekt haben

    Das ist möglich, es gibt aber auch eine andere Entwicklung, z.B. in North Carolina, wo die ländlichen Wähler noch konservativer werden und die protetstantischen Weißen in den urbanen Gebieten konservativ bleiben.

    https://fivethirtyeight.com/features/democrats-hope-georgia-will-become-the-next -virginia-but-it-could-end-up-being-the-next-north-carolina/

    Florida und Texas sind auch ein abschreckendes Beispiel, was dann mehr mit den Latinos zu tun hat, die von den Dems nicht ausreichend umworben werden.

    Und ich bin nicht restlich davon überzeugt, dass die Entwicklung in den suburbs nicht wieder umgekehrt wird, wenn Trumps Einfluss verblasst. Es kommt auf die Themen an. Wenn sich die Reps wieder auf Abtreibung und Waffenrechte konzentrieren (statt auf Rassismus und Demokratieabbau), progressive Dems ständig "defund police" schreien (statt pragmatische Polizeireformen anzugehen), kann sich der Wind schnell wieder drehen.

  • RE: Happy End nach dem Putschversuch?

    SeppH (!), 06.01.2021 22:51, Antwort auf #128

    Ihr verfolgt sicher aktuell die Nachrichten. Vermutlich ist es nur eine Frage der Zeit, bis bei T die Handschellen klicken.

    §2381. Treason
    Whoever, owing allegiance to the United States, levies war against them or adheres to their enemies, giving them aid and comfort within the United States or elsewhere, is guilty of treason and shall suffer death, or shall be imprisoned not less than five years and fined under this title but not less than $10,000; and shall be incapable of holding any office under the United States.

    https://uscode.house.gov/view.xhtml?path=/prelim@title18/part1/chapter115&ed ition=prelim

Beiträge 121 - 129 von 129

Kauf dir einen Markt!

» Mehr erfahren

30.573 Teilnehmer » Wer ist online

Erlesenes für das politische Ohr

Kommende Wahlen

In den nächsten Wochen und Monaten finden u.a. folgende Wahlen und Abstimmungen statt – zu allen Terminen werden (voraussichtlich) Märkte aufgesetzt:

Wahltermine 2023

(Hinweis: Links verweisen stets auf Wahlfieber.de - identischer Login)

1. Halbjahr

  • Deutschland
  • Abgeordnetenhauswahl Berlin
  • Bürgerschaftswahl Bremen
  • Kommunalwahl Schleswig-Holstein
  • -
  • Österreich / Schweiz
  • Landtagswahl Niederösterreich
  • Landtagswahl Kärnten
  • Landtagswahl Salzburg
  • Kantonswahl in Zürich
  • Kantonswahl in Luzern
  • .
  • Europa
  • Präsidentschaftswahl Tschechien
  • Parlamentswahl Griechenland
  • Parlamentswahl Finnland
  • Weltweit
  • Parlamentswahl in der Türkei

2. Halbjahr

  • Deutschland
  • Landtagswahl Bayern
  • Landtagswahl Hessen
  • -
  • Österreich / Schweiz
  • Nationalratswahl Schweiz
  • Europa
  • Parlamentswahl Luxemburg
  • Parlamentswahl Spanien
  • Parlamentswahl Polen
  • Landtagswahl Südtirol
  • Schottland - Unabhängigkeitsreferendum ?

  • Weltweit
  • Parlamentswahl Neuseeland

Sonstiges

  • ...

In Vorbereitung für 2024

    1. Halbjahr
    • Europawahl
    • GOP Presidential nominee 2024
    • Gemeinderatswahl Innsbruck, Salzburg
    • Fußball EM
    • weiteres folgt...
      2. Halbjahr
      • Präsidentschaftswahl USA
      • Landtagswahlen Brandenburg, Sachsen, Thüringen
      • Nationalratswahl Österreich
      • Landtagswahl Vorarlberg
      • weiteres folgt...

      Wie funktioniert das?

      So trägst du mit deinem Wissen zur Prognose bei » Mehr im Infocenter

      Fehler gefunden? Feedback?

      Fehlermeldungen und Feedback bitte per E-Mail an: help@wahlfieber.com